Alle Beiträge von Andreas Heiber

4. Auflage des Buches ist fertig

Es ist fertig: Mitten im Sommer, coronabedingt mit Kurzarbeit etc. etwas später, nun endlich da: die insgesamt vierte Auflage des Buchs „Kostenrechnung und Vergütungsverhandlungen“;

Mit vielen Ergänzungen und Neuerungen zu vorherigen Auflage, mit einer ausführlichen Diskussion des ‚Gewinn‘-Urteils des BSG und vielen praktischen Hinweisen.

Hier finden Sie das Buch in unserem SysPra-Shop

Richtig und doch falsch weil unvollständig

In der aktuellen Juli-Ausgabe der Häuslichen Pflege steht ein Artikel von Michael Greiner, der im Kern zwar richtig ist, aber einen wesentlichen Punkt nicht benennt: Es geht um die Schutzschirmmittel nach § 150 SGB XI und die Frage der Mindereinnahmen. Der Autor stellt dar, warum auch für Leistungen der Kostenerstattung SGB XI nach seiner Ansicht eine Erstattung der Mindereinnahmen möglich wäre. Was im gesamten Artikel aber fehlt, ist die Tatsache, dass nicht allein der Leistungsausfall zu einer Erstattung führt: nur wenn die Kosten in gleicher Höhe weiterlaufen und sie der Pflegedienst bezahlen muss, ist durch die Mindereinnahmen ein ‚Schaden‘ entstanden, der ausgeglichen werden kann. Wenn aber Einsätze/Leistungen abgesagt werden und der Pflegedienst deshalb Mitarbeiter weniger Stunden bezahlt (oder Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto anschreibt), hat der Pflegedienst zumindest keine Pflegepersonalkosten und müsste diese Höhe von den Mindereinnahmen abziehen! Wer Nachlesen will, in den aktuellen FAQ der Pflegekassen, Punkt 12, aber auch 16.
Eigentlich ist das ja logisch: warum sollen wir Beitragszahler einem Pflegedienst Kosten über Mindereinnahmen ausgleichen, die er gar nicht hat.
Genau das ist das Problem bei der Beantragung von Mindereinnahmen, aber das wird im oben genannten Artikel gar nicht erwähnt. Das heißt: es werden auch mit Verweis auf solche Artikel Mindereinnahmen beantragt, die in der Masse später zurückgefordert werden! Das hätte man vermeiden können, wenn man erwähnt hätte, dass die ‚Ersparnisse‘ von den Mindereinnahmen abgezogen werden müssen!

Was sind Minderein-nahmen nach § 150?

Im Rahmen des Schutzschirms nach § 150 SGB XI kann man ja sowohl den Personalmehraufwand als auch Sachkosten, die pandemiebedingt angefallen sind, von der Pflegekasse erstattet bekommen. Darüberhinaus gibt es die Erstattung von Mindereinnahmen. Dabei muss man sich klar machen, was hier tatsächlich nur dargestellt werden kann: es geht nur um die Mindereinnahmen, denen reale Kosten gegenüber stehen. Dazu ein Beispiel aus der Tagespflege: Die Beispieltagespflege hat jetzt wieder für eine stark reduzierte Besucherzahl (4 statt 12) geöffnet. Aber die Kosten (insbesondere Personalkosten) sind in der gleichen Höhe angefallen wie bei einer Vollbelegung. In diesem Fall wäre der Ausgleich der Mindereinnahmen für die Refinanzierung der Personalkosten nötig und entsprechend zu beantragen.

In der Ambulanten Pflege ist die Beantragung von Mindereinnahmen zum Ausgleich gleichbleibend hoher Kosten deshalb schwierig, weil im Regelfall die Pflegemitarbeiter mit Arbeitszeitkonten oder auf Stundenbasis arbeiten/bezahlt werden. Fallen Einsätze aus, werden diese Stunden nicht bezahlt, sondern die Mitarbeiter gehen ins Frei. Dann entfällt aber die Grundlage für die Refinanzierung von Mindereinnahmen, denn die allermeisten Kosten sind ja auch nicht angefallen! Nur für den Fall, das tatsächlich Personalkosten in voller Höhe anfallen, ist der Ausgleich von Mindereinnahmen nachvollziehbar. Unter Umständen könnte man für die den gleichbleibenden Leitungsaufwandes eine Refinanzierung über Mindereinnahmen andenken: dann müssten aber die ersparten Pflegepersonalkosten davon abgezogen werden. Wie ich es schon im Video ausgeführt habe: die Beantragung von Mindereinnahmen ambulant ist ein schwieriges Thema!

Was zahlt die Barmer dafür?

Meinungsartikel zum Projekt „oscare“ der Barmer und Beitrag von Philipp Seifert in der CareKonkret (CK) vom 22.05.2020

Die Barmer bietet Pflegediensten an, die Verordnungen Häuslicher Krankenpflege in digitaler Form über das Portal „oscare“ bei der Barmer einzureichen, darüber hat die CK mit einem Meinungsartikel von Philipp Seifert in der letzten Ausgabe berichtet. Seifert fragt zurecht, warum nur die Barmer so etwas anbietet, aber die anderen 104 aktuell vorhandenen gesetzlichen Krankenkassen nicht. Gleichzeitig kritisiert er zu Recht die Ansicht der Kasse, der Pflegedienst wäre derjenige, der für den reibungslosen Ablauf des Verordnungsmanagements zuständig wäre. Die Barmer ködert die Pflegedienste damit, dass digital eingereichte Verordnungen besonders schnell bearbeitet werden würden.

Das ist ein toller Versuch, die Erfassungsarbeit dem Pflegedienst aufzubürden und selbst Kosten zu sparen. Denn wer soll das alles erfassen, was im Regelfall als Papierversion in unterschiedlichster Qualität von den Ärzten kommt? Natürlich der Pflegedienst. Und warum eigentlich? Ein Blick ins Gesetz und in die Bundesrahmenempfehlung klärt schnell auf, dass selbst bei verfristeter Einrichtung der Verordnung diese von der Kasse bei Vorliegen der Notwendigkeit zu bezahlen ist. Und allemal klar ist nach § 6 Abs. 6 der HKP-Verordnung, dass bis zum Eingang der Ablehnung die Krankenkasse in der Zahlungspflicht ist. Warum soll der Pflegedienst ein Interesse haben, dass die Kassen etwas schneller bearbeiten? Und warum soll die digitale Erfassung, die ansonsten die Krankenkasse machen muss, vom Pflegedienst kostenfrei übernommen werden?

Immer, wenn Rahmenbedingungen verändert werden, beispielsweise wenn in
Sachsen oder Niedersachsen bestimmte Behandlungspflegen nicht mehr nur durch Fachkräfte erbracht werden müssen, kürzen die Kassen sofort die Vergütungen, weil ja die Kosten reduziert sind. Warum nicht umgekehrt auch hier: wenn die Pflegedienste die Erfassungsarbeit der Krankenkassen übernehmen, müsste die Barmer auch bereit sein, hier mehr zu bezahlen oder? Und wer bezahlt die entsprechende Schnittstelle zur Software, die bisher kaum ein Anbieter zertifiziert hat? Auch die Barmer?

Das „Schönste“ des Barmerangebots zum Schluss: Pflegedienste müssten dann auch nicht mehr die genehmigte Papierversion der Verordnung mit der Abrechnung einreichen: wie unsinnig bisher die Arbeitsabläufe bei den Kassen sind, zeigt sich daran, dass man trotz digitaler Abrechnung immer noch analoge Belege schicken muss und sogar die, die die Kasse schon digital hat!